NPD tummelt sich wieder in Kirchheim
Wie auf diversen bundesweit ausgerichteten rechtsextremen Internetseiten zu lesen ist, plant der Jugendverband der NPD, die Jungen Nationaldemokraten (JN), am 05.11.2011 ab 15 Uhr eine Saalveranstaltung im Hotel „Romantischer Fachwerkhof“ in Kirchheim. Angekündigt sind Holger Apfel (Fraktionsvorsitzender der sächsischen NPD-Landtagsfraktion), Udo Pastörs (Fraktionsvorsitzender der mecklenburg-vorpommerschen NPD-Landtagsfraktion), Wolfram Nahrath (letzter Vorsitzender der verbotenen Wiking Jugend, aktiv in der ebenfalls verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend gewesen), Michael Schäfer (Bundesvorsitzender der JN) und Andy Knape (stellvertretender JN-Bundesvorsitzender). Musikalisch wird das Programm vom neonazistischen Liedermachers Marco Laszcz, Kopf der in rechtsextremen Kreisen populären Band „Sleipnir“, begleitet. Das Motto der Veranstaltung ist „Aufbruch in die Zukunft“ und wird mit der aktuellen Kampagne der NPD „Raus aus dem Euro“ verknüpft.
Interessant ist, dass diesmal in Kirchheim zwei politische Schwergewichte der NPD auftreten, die in direkter Opposition zum Bundesvorsitzenden Udo Voigt stehen. 2009 kandidierte Udo Pastörs noch vergeblich gegen Voigt um den Bundesvorsitz, Apfel ist nun der neue Herausforderer. Weil die NPD derzeit noch keinen geeigneten Raum für ihren Bundesparteitag finden konnte, steht die diesjährige Entscheidung jedoch noch aus. Unklar ist indes die Rolle der thüringischen NPD. Der Landesvorsitzende Frank Schwerdt, der auch im NPD-Bundesvorstand sitzt, wird auf der Mobilisierungsseite zur NPD-Kampagne „Raus aus dem Euro“ als Verantwortlicher genannt, tritt aber ebenso wenig wie andere Funktionäre aus Thüringen bei dieser Saalveranstaltung in Erscheinung. Ohnehin war die Thüringer NPD bisher eher dem Unterstützerflügel Voigts zuzurechnen.
Am Titel der Veranstaltung „Aufbruch in die Zukunft“ lässt sich der aktuelle Richtungsstreit der NPD ablesen. Pastörs und Apfel gelten als Verfechter einer äußerlich moderaten Linie, sie stehen beide exemplarisch für eine vermeintliche Bürgernähe. Dass beide mit ihren Landtagsfraktionen wiedergewählt wurden, sehen sie in diesem scheinbar gemäßigten Auftreten und aktueller Themensetzung begründet. Nun möchten sie auch der Bundes-NPD einen modernen Anstrich geben und so das Imageproblem der Nähe zum Nationalsozialismus abstreifen. Näher betrachtet, stellt sich diese Neuausrichtung allerdings schnell als taktisches Manöver heraus. Sowohl Pastörs als auch Apfel sind in der Vergangenheit immer wieder durch Provokationen in und außerhalb ihrer Parlamentsarbeit aufgefallen, die auch bei ihnen eine gedankliche Nähe zum historischen Nationalsozialismus belegen. So führte Holger Apfel beispielsweise mit seinem kalkuliert herbeigeführten Eklat, als er 2005 die alliierten Luftangriffe auf Dresden als Bombenholocaust bezeichnete, die Propaganda Joseph Goebbels‘ fort. Desweiteren muss an den Ausbruch Pastörs‘ beim politischen Aschermittwoch der NPD im Februar 2009 in Saarbrücken erinnert werden. Herr Pastörs bezeichnete hier die Bundesrepublik als „Judenrepublik“ und skizzierte ein künftiges Vorgehen im NS-Jargon. Seine entlarvende Wortwahl brachte ihm eine Verurteilung wegen Volksverhetzung ein. Ebenso wenig passt Wolfram Nahrath zu diesem „Aufbruch“. Nahrath war in der 2009 verbotenen neonazistischen HDJ engagiert und letzter Bundesvorsitzender der Vorgängerorganisation Wiking Jugend. Sie war 1994 verboten worden. Schon sein Vater und Großvater waren Vorsitzende der Wiking Jugend, die 1952 als Sammelbecken von Alt- und Neonazis gegründet worden war und das Konzept der Hitler Jugend fortführte, Kinder und Jugendliche möglichst früh nationalsozialistisch zu erziehen. Auch Udo Pastörs war Mitglied dieser Organisation.
Der rechtsextreme Liedermacher Marco Laszcz, der sowohl als Kopf der Band Sleipnir als auch als Liedermacher unter diesem Namen auftritt, besingt in einem Lied den Hitlerstellvertreter Rudolf Heß. Mit den Zeilen „Dort wo einst mal Spandau erinnert nichts mehr daran, dass man hier einen Menschen quälte dessen Name für den Frieden stand. Der Deutschland über alles liebte und für die Wahrheit ewig büßte, Rudolf Hess wir werden dich niemals vergessen. Rudolf Hess, dein Geist wird nie vergehen, Rudolf Hess Du in uns weiterlebst.“ In dem Lied „Vereintes Europa“ singt er „Wir wollen Deutschland wie es früher war. Wir wollen Deutschland mit den alten Grenzen ist doch klar. Wir wollen Deutschland in altem Glanz und Ruhm. Wir wollen Deutschland das wieder neu erblüht.“
Diese Liedtexte und die bisherigen Einlassungen und Aktivitäten der Akteure dieser Saalveranstaltung „Aufbruch in die Zukunft“ stützen die Vermutung, dass hier keinesfalls eine Abkehr von der Ideenwelt des historischen Nationalsozialismus stattfinden wird. Hier wollen vor allem zwei derzeit erfolgreiche NPD-Funktionäre ihre Macht vergrößern, indem sie versuchen, Teile der NPD bzw. JN-Mitglieder_innen auf ihren äußerlich moderaten Kurs der Biederkeit und Bürgernähe einzuschwören. Sie versuchen Zustimmung zu für eine Abwahl des glücklosen Udo Voigt zu organisieren. Voigt konnte zuletzt mit seinem Kurs der offenen Zusammenarbeit mit parteiungebunden, radikalen Neonazikreisen keine Erfolge mehr verbuchen. Sollte eine Wahl Apfels zum neuen NPD-Bundesvorsitzenden gelingen, wird sich am ideologischen Fundament der Partei wenig ändern. Kommunale Verankerung, wie sie auch in Thüringen betrieben wird, moderates, bürgerfreundliches Auftreten werden taktische Instrumente bleiben. An der im Kern nazistischen Überzeugung der meisten Aktiven in der NPD hat und wird sich nichts ändern.
Das Kirchheimer Bündnis gegen Rechts bittet um Unterstützung beim Protest gegen die Veranstaltung am 05.11.2011 ab 15:00 Uhr!
1 Kommentar
Markus · 15. November 2011 um 16:23
Die Rechten haben Nerven ausgerechnet jetzt in die Öffentlichkeit preschen zu wollen. Man muss sie blockieren.
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